AD Breakdown – Kampagnen aus der Vergangenheit

Autor

Thomas Kurzmeyer

Seit 1936 konzipiert, visualisiert, textet und realisiert WIRZ unzählige Kampagnen für ein breites Feld an Kunden. Gerne stöbern wir heute in der Truhe der Vergangenheit und schauen ältere und alte Arbeiten an.

27. September 2022

Thomas Kurzmeyer, Creative Director und Mit-Urheber der Kampagne, analysiert DIE Wirz-Kampagne für IWC aus dem Jahr 1999 und verrät uns, wie es vom Briefing zur Umsetzung kam und ob er auch heute noch die gleiche Strategie wählen würde.  

1999 machte IWC mit simplen Plakaten und provozierenden Headlines auf sich aufmerksam. Ordne für uns doch diese Kampagne mal zeitlich ein. Was war die Strategie dahinter und warum wurde sie gewählt?

Wie der verantwortliche CD, Hanspeter Schweizer, auf meine Nachfrage erklärte, bestand das Briefing aus einem einzigen Satz: «Wir machen Uhren für Männer». Er kam direkt aus dem Mund von Guenther Blümlein, dem damaligen CEO von IWC. Während die Agentur diese Aussage und ein paar Gipfeli verdauten, schlug Hanspi vor, eine ironische Kampagne zur Erhaltung des Mannes zu machen. Der CEO fand das prima und der Marketingleiter reflektierte vermutlich, dass es seiner Karriere nicht förderlich wäre, ihm direkt zu widersprechen. Die Agentur hatte sich eigentlich auf einen längeren Strategie-Workshop eingestellt und einen dem Status der Marke angemessenen externen Sitzungsraum inklusive Mittagsreservation in einem Restaurant mit gehobener Weinliste gebucht – das waren noch andere Zeiten damals – aber das konnte dann alles abgesagt werden.

Weisst du noch, welche Reaktionen die Kampagne damals erzeugt hat?

Sie polarisierte natürlich. Die Gleichberechtigung war schon seit langem ein grosses Thema, viele Männer schon damals etwas verunsichert in ihrem Rollenverständnis und genau deshalb machte die Zuspitzung Sinn. Die Agentur musste allerdings auch versprechen, alle negativen Zuschriften an IWC selbst zu beantworten (was bestimmt länger dauerte als die Konzeption der Kampagne). Erstaunlicherweise kamen die weitaus meisten negativen Reaktionen von Männern. Der Chef eines grösseren Industrieunternehmens schickte IWC seine Portugieser zurück, und der damalige SP Bundesrat Moritz Leuenberger schrieb Jost Wirz, dass er seine IWC ja nun leider nicht mehr bei offiziellen Anlässen tragen könne. Die bei weitem positivste Reaktion kam von den Verkaufszahlen. IWC teilte der Agentur nach Abschluss der Kampagne mit, dass sie weder bei den Produkten noch bei der Distribution noch sonstwo irgendwas geändert hätten, sondern einzig und allein die Werbung. Und dass der Umsatz daraufhin um 23% gestiegen sei.

Wie würdest du das Briefing heute lösen? Würdest du in eine ähnliche Richtung gehen?

Dass ich mich aktuell auf das Glatteis der Gender-Diskussion begeben möchte, bezweifle ich spontan eher. Die Gesellschaft ist bei diesem Thema insgesamt wesentlich dünnhäutiger als damals, und entsprechend heftiger würden die Gegenreaktionen ausfallen.  

Was man der Kampagne aber auf jeden Fall zu Gute halten muss, unabhängig davon ob man sie mag oder nicht: Sie kam völlig anders daher als Werbung für Luxusprodukte das sonst tut. Man hätte das Briefing ja auch mit heroischen Portraits von interessanten Männern oder besonders maskulinen Promis oder auf 100 andere traditionelle Arten umsetzen können. Und das würde ich heute genau gleich angehen wollen. Wenn sich IWC mal wieder bei uns meldet, werde ich mir sehr gerne überlegen, wie genau.

Wie sollte man heute Provokation einsetzen, um die Businessziele des Kunden zu erreichen?

Dafür gibt es kein Pauschalrezept. Überhaupt sollte es nie darum gehen, Provokation irgendwie einzusetzen. Sie ist lediglich ein Abfallprodukt dessen, was man eigentlich erreichen will: Aufmerksamkeit, Akzeptanz, Begeisterung und emotionale Nähe bei einem so grossen Teil der Zielpersonen, dass es sich lohnt, negative Reaktionen von anderer Seite in Kauf zu nehmen. Das braucht Mut, aber der zahlt sich dann oft auch mit Dividenden aus. Wie zum Beispiel die IWC Kampagne beweist, auf die unsere Agentur auch nach 20 Jahren immer mal wieder angesprochen wird.

 

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